Blicken Sie zurück?
Als ich erstmals aus Deutschland weggezogen bin, nach Paris, habe ich mich – sagen wir mal – rückblickend mit Deutschland beschäftigt. Die Klassiker gelesen, Heidegger studiert. Aus einem protestantischen, hessischen Städtchen kommend, habe ich im katholischen Frankreich alles in neuem Licht gesehen. Sich neuerfinden! Nur ist mir in Frankreich irgendwann aufgefallen, dass wir in Europa – ob nun in Deutschland oder Frankreich – immer unser „kulturelles Gepäck“ geschultert tragen, die Kulturgeschichte. Immer die Referenz zum Vergangenen.
Konnten Sie das Gepäck irgendwo abladen?
Richtig Gas gegeben habe ich dann in New York. Dort gibt es in dem Sinn keine Geschichte, verglichen mit Paris. Der erste Slogan, der mir in New York damals im Ohr hängen blieb: Fake it till you make it. Du bist einfach, wer du willst. Da musste ich noch mal irgendwie anders auflegen. Es ist, wie eine neue Rolle im Theater zu lernen.
Apropos Gepäck: Die Wahl Ihrer Materialien fällt teilweise ungewöhnlich aus. Wie sind Sie dazu gekommen?
Meine Materialwahl reflektiert meinen Wunsch, die traditionelle Malerei zu hinterfragen und zu erneuern. Die Verwendung von Mehl, Öl und Wachs war teilweise intuitiv, teilweise ein bewusster Akt der Rebellion gegen konventionelle Maltechniken. Das Mehl war mal Punk und hat sich mittlerweile zu einem festen Bestandteil meiner Arbeit entwickelt. Es bringt eine organische, fast lebendige Qualität in meine Bilder.
Sowohl Suzanne Hudson als auch Will Heinrich haben über den sichtbaren Gestus in Ihren Werken geschrieben. Man sieht Ihren Werken die Arbeit an, es erinnert fast ein bisschen an Minimal Art.
Zu einem Schlüsselwort für mich wurde Mark Making. Das ist ein zutiefst archaisches Bedürfnis: Spuren zu hinterlassen.