Masha Reva vor ihrem großen Gemälde The Hill of Happiness, Öl auf Leinwand, 5,6 × 4,2 m
Ich sehe alle Medien, in denen ich arbeite, als Werkzeuge, um mich auszudrücken. Ob es sich um ein Gemälde handelt, an dem man für gewöhnlich alleine arbeitet, oder um eine Kollaboration mit einem Architekturbüro bei einem Set-Design. Persönlich kann ich mir mein tägliches Handwerk nicht wegdenken, und das setzt voraus: die Bewegung der Hand. Ob beim Zeichnen oder Malen. Es ist die Basis jeder Idee, die später in die Realität umgesetzt werden kann.
Es war eines dieser Projekte, das dank unseres Teams, zu dem auch meine ukrainischen Kollegen – die Regisseurin Tanu Muino und der Kameramann Nikita Kuzmenko – gehören, während der Vorbereitung reibungslos verlief. Die Drehtage selbst fielen mit den ersten Tagen des Krieges in der Ukraine zusammen. Ab da
war nur noch Stress … Zu diesem Zeitpunkt hatte ich gerade angefangen, einen viel größeren Raum zu mieten, der später mein Atelier werden sollte.
Man weiß nie, wann und wo Inspiration einen findet. Manchmal ist es unermüdliche Arbeit, Suche und Analyse, aber manchmal gibt mir mein Gehirn – oder Intuition? – Antworten im Traum. Ich verwende diese Ideen meistens für meine neuesten Ölgemälde. Angesichts des Stresses und des Drucks, dem wir heutzutage ausgesetzt sind, erscheint es mir logisch, dass unser Innenleben ein Zufluchtsort sein kann. Vielleicht der einzige Ort, der physisch nicht der Aggression der gegenwärtigen Realität ausgesetzt ist.
Ich habe hart daran gearbeitet, mich auf das Optimistische konzentrieren zu können. Es hat über ein Jahr gedauert, bis ich gelernt habe, meine Aufmerksamkeit auf Dinge zu lenken, die mir Energie geben und nicht umgekehrt.
MASHA REVA, SELBSTPORTRÄT
Ich war in den letzten sechs Monaten eigentlich fast nur am Malen und viel auf Tour. Potenzial sehe ich in Baketown – das ist meine eigene Location in Berlin und eine Art bewegbares Kunstwerk, mit dem ich Künstler zusammenbringe. Ich habe dort ein Musikstudio, mein Atelier, eine Ausstellungsfläche und mache auch kleine Konzerte. Es ist schön zu sehen, dass sich Künstler aus der ganzen Welt dort treffen – jeder bringt Kreativität mit – das ist sehr inspirierend.
Das kann ich gar nicht sagen. Ich lasse alles auf mich zukommen. Ich erzähle dir gerne in einem Jahr, was ich Neues erlebt habe. Inwiefern unterscheidet sich für dich der Prozess, an Musik versus an Kunstwerken zu arbeiten? Wo beginnt dieser Prozess, und wo endet er idealerweise? Es beginnt immer mit Musik. Wenn ich Musik höre, sehe ich Farben. Es gehört also beides zusammen.
Ich würde sagen mit 14, 15. Ich habe viel von Freunden gelernt, darunter natürlich auch DJs – DJ Ruckus zum Beispiel. Wenn ich etwas lernen wollte, habe ich oft einfach angefangen. Das war auch mit Instrumenten so – wie Bass oder Schlagzeug.
Eine gute Zeit ist für mich am wichtigsten, und das reflektiert sich meistens auch in der Audience. Ich lege heute weniger alleine auf, dafür mehr mit meinem Bruder Elias. Wir haben vor einem guten Jahr das Projekt Noah+Elias gestartet. Er lebt in New York – ich bin viel in Berlin und L.A. –, da kommt musikalisch schon einiges zusammen. Wir ergänzen uns sehr gut und haben eine tolle Zeit.
Für mich sind die Menschen am wichtigsten. Ich hatte das Glück,in den letzen zehn Jahren an vielen großartigen Orten zu spielen. Angefangen von Burning Man, Berghain-Kantine bis hin zu Events wie dem Berlinale Opening. Eine kleine, eher unbedeutende Location kann da manchmal aber genauso großartig sein wie ein großes Festival. Es ist daher immer die Atmosphäre, der Moment, der Vibe und die Menschen, die es zur Dream-Location machen.
Foto: Untitled, 2021
Ja, das gibt es definitiv, und ich kämpfe gerade mit mir selbst in diesem Lernprozess. Ich liebe es, Dinge auszuprobieren, die ich noch nicht versucht habe, und im Moment ist es die Ölmalerei. Mein Partner Ivan Grabko bringt mir bei, auf großen Leinwänden mit Ölfarbe zu arbeiten – das ist eine totale Chemie, hier wirkt alles zusammen. Ich liebe den technischen Teil davon, der mich verrückt macht und Geduld erfordert, die ich absolut nicht besitze. Das war mein langfristiger Traum, ich habe vielleicht vor drei Jahren große Leinwände bestellt, und dann hatte ich Angst, sie zu verpfuschen. Es hat einige Zeit gedauert, bis ich den Mut gefunden habe. Im Endeffekt lässt sich alles darauf verkürzen: Ich möchte gerne weiterhin meine eigene Welt aufbauen und neue Elemente hinzufügen.
Wenn ich eine Idee entwickle, habe ich diesen inneren Richter, der sofort Ja oder Nein sagt. Ich würde sagen, alles, ob es nun symbolisch ist oder nicht, ist einfach ein aktueller Zustand meines Geistes – von der Linie bis zum komplexen Bild.
Ich glaube, je mehr Medien ich in der Kunst praktiziere, desto tiefer und schärfer ist das Verständnis für die Artikulation meiner Ideen. Meine Fotografiepraxis beeinflusst derzeit meine Gemälde. Mein Zukunftsplan ist es, meine Bilder in Bewegung zu setzen.
Wenn ich zu Hause in der Ukraine bin, habe ich ein Gefühl, das schwer zu beschreiben ist. Es ist das Gefühl einer starken, archaischen Inspirationsquelle, es ist ein Chaos, das ich liebe. Mein Unterbewusstsein verwandelt dieses Gefühl in das, was ich tue. Und der Betrachter sieht nicht unbedingt direkte Bezüge zur ukrainischen Kultur in meiner Arbeit, es ist eher wie ein stiller Dialog. Kunst kann heilen und kann definitiv unterbewusste Themen sichtbar machen, manchmal provozieren; sie ist ein Werkzeug, um in sich selbst einzutauchen. Sowohl für den Künstler als auch für diejenigen, die das Kunstwerk lesen können.
Ich versuche nie, mich selbst zu täuschen, und aus meiner Praxis funktioniert das. Wenn man ehrlich ist, kommt das, was man gibt, zurück, und der Zweck ist zweitrangig. Ich liebe einfach, was ich tue, die Bedeutung liegt im Prozess.