16.02.2020

Interview: Roksanda Ilincic

Das britische Label Roksanda der gleichnamigen Designerin hat uns auf unserer Buying Tour direkt in seinen Bann gezogen. Vor allem die skulpturalen Silhouetten, die präzise Schneiderkunst und die zeitlose Eleganz waren es, weshalb wir nicht anders konnten, als euch die Entwürfe der serbischen Designerin ab dieser Saison exklusiv nach Deutschland zu holen. Im Interview verrät uns Roksanda Ilincic ihre Bindung zur Kunst und was die Brücke zwischen Mode und Architektur ist.

1) Roksanda, können Sie sich erinnern, wann Sie sich das erste Mal mit dem Thema Mode befasst haben und warum?

Ich war schon immer von Mode umgeben, gerade durch den Einfluss von meiner Mutter. Sie hat eine wahre Passion für Mode und ist eine loyale Sammlerin von Yves Saint Laurent. Daher war sie es auf jeden Fall, die mich in die Welt der Mode eingeführt hat und viele meiner frühen Bezugspunkte stehen ebenfalls unter ihrem Einfluss.

2) Sie sind studierte Architektin. Was haben Architektur und Mode ihrer Meinung nach gemeinsam?

Mode und Architektur sind sehr verschiedene Disziplinen; jedoch haben beide auch gemeinsam, dass sie schützen und eine Form von Unterschlupf bieten. In meinen Designs geht es sehr viel um dieses Gefühl von Schutz und sich wohl zu fühlen. Neben dem Skulpturalen, geht es auch viel um Textur und Form, als auch um die soziale Bedeutung und Relevanz in unserer heutigen Zeit.

3) Wie würden Sie den typischen Roksanda-Stil beschreiben?

Skulpturale Formen, voluminöse Silhouetten und einen deutlichen Einsatz von Farbe. Ich werde sehr oft durch Kunst inspiriert und ich sehe meine Entwürfe als eine Art sich bewegende Skulpturen, ohne jedoch den Komfort und die Funktion des Kleidungsstücks zu vergessen.

4) Für wen entwerfen Sie?

Frauen, die meine Kleidung tragen, sind stark, unabhängig und vertreten ihre eigene Meinung. Ich versuche, die Essenz dieses Lifestyles in unserer schnellen Welt einzufangen, aber auch etwas zu ergreifen, was Frauen wollen, bevor sie es überhaupt wissen.

5) Was ist der beste Teil an Ihrem Job?

Der kreative Prozess ist sehr bereichernd – es ist sehr aufregend, mit der Welt durch seine Kreativität zu kommunizieren und es ist wahrscheinlich die höchste Belohnung. Jedoch liebe ich es auch, Leute in meinen Designs zu sehen, wie sie ihnen durch den gesamten Tag helfen und sie im täglichen Leben stärken. Mich erfüllt es auch sehr, wenn meine Vision durch die Trägerin zur Realität wird und sie meine Entwürfe mit ihrer Persönlichkeit und Seele ausfüllen.

6) Warum haben Sie sich dazu entschieden, Ihr Brand in London zu gründen und nicht zum Beispiel in Paris?

London ist ein unglaublich lebendiges Zentrum an Kreativität und es war für mich immer ein Zuhause in der Ferne. Seine Energie und Freiheit inspirieren oftmals meine Designs und es ist ein Ort, an dem viele künstlerische Ideen geboren werden.

7) Bei Roksanda geht es vor allem darum, Frauen zu stärken. Erzählen Sie uns etwas über dieses Konzept.

Es ist wichtig, dass wir alle zusammenhalten und uns gegenseitig stärken. Ich bin von unglaublichen Frauen in meinem täglichen Leben umgeben, etabliert oder aufkommend und doch leben wir immer noch in einer Zeit, wo unsere Sichtbarkeit und Präsenz noch lange nicht da angekommen sind, wo sie sein sollten. Ich möchte daran arbeiten und dies verändern. Ich versuche das weibliche in meiner Arbeit zu betonen, von der Art und Weise, wie ich meine Kollektionen designe – Frauen zu schützen und Ihnen Obdach zu geben – bis hin zu meinen Kooperationen und speziellen Projekten. Wie etwa das Gasholders-Projekt, an dem ich kürzlich gearbeitet habe. Ich lege großen Wert auf weibliche Schöpfer. Meine größte Inspirationsquelle sind Töpferinnen, Künstlerinnen, Möbeldesignerinnen und Schriftstellerinnen. Wir sollten alle darauf achten, uns zu unterstützen, wenn wir wirklich wollen, dass sich etwas verändert.

8) Ihre Designs erinnern uns sehr an die Farbfeldmalerei und Künstler wie Barnett Newman, Josef Albers oder Mark Rothko. Neben der Kunst, was sind Ihre Hauptquellen für Inspiration?

Ich bin in einem Haus groß geworden, in dem ich ständig von wunderschönen Kunstwerken und Objekten umgeben war und habe später an der Universität in Belgrad Architektur und angewandte Kunst studiert, wo ich auch mit dem Thema der zeitgenössischen Kunst in Verbindung gekommen bin. Deshalb begleiten mich diese Prinzipien seit meiner Kindheit und sind ein Teil meiner Ästhetik geworden. Für gewöhnlich sind sie auch der Anfangspunkt meiner Kollektionen und anfänglichen Recherche. Jedoch beeinflusst mich auch alles andere, das mich umgibt. Menschen, Leben, Natur, und unsere dramatische, urbane Umwelt. Ich glaube, es ist sehr wichtig, auf so viele Elemente wie möglich zu verweisen und diese in meinen Kreationen relevant werden zu lassen. Ich mag es jedoch nicht, meine Inspiration zu wörtlich zu übersetzen. Ich bin eine sehr intuitive Person und es ist deshalb meistens ein Gefühl, das ein Kunstwerk, ein Gebäude oder eine Farbkombination in mir auslösen, welches ich dann in eine Kollektion übersetze.

9) Wenn Sie nicht gerade designen, wie verbringen Sie Ihre Freizeit?

Ich liebe es, neue Ausstellungen mit meiner Tochter zu besuchen. Die Momente mit ihr sind sehr besonders.