Unmittelbar an den Zeitgeist geknüpft, schnelllebig und immer gierig auf Neues: Die Modewelt ist alles andere als eine entspannte Branche. Sich 40 Jahre lang an ihrer Spitze zu behaupten, ist deshalb eine besondere Herausforderung. APROPOS hat sie gemeistert. Welche Einstellung dafür nötig ist und welche Momente die APROPOS-Geschichte in besonderer Weise prägten, teilen das Gründer-Duo, Klaus Ritzenhöfer und Daniel Riedo, sowie Managing Partner Henning Korb im Jubiläums-Interview.
Klaus Ritzenhöfer Das zehnte Jubiläum von APROPOS haben wir 1994 gefeiert. Damals haben wir unser erstes Geschäft in Köln eröffnet. „Auf in die Stadt“ könnte also die Überschrift lauten. Denn begonnen hat unser Weg in zwei Kleinstädten, Gummersbach und Siegburg. Dort haben wir alle Designermarken angeboten, die damals angesagt waren, von Jil Sander über Gianni Versace bis Claude Montana. Unser Sortiment war so aufgestellt, wie man es sonst nur aus Metropolen kannte. Ein entscheidender Punkt war, als wir uns in die Mode von Donna Karan und Calvin Klein verliebt haben und sie unbedingt für uns gewinnen wollten. Die Vertriebschefin von Calvin Klein besuchte uns und war begeistert, aber sie sagte: „Wir können in Deutschland nicht in einer Kreisstadt starten.“ Das war der Auslöser, in Köln nach einer Location für APROPOS zu suchen.
Daniel Riedo Die fanden wir auch schnell, mussten aber erst einmal alles umgestalten. Nach der ersten Besichtigung hat uns unser Architekt für verrückt erklärt. Aber wir wurden Renovierungsprofis, und unsere Ideen gingen auf. Die nächste Hürde war, dass Donna Karan und Calvin Klein plötzlich nicht gemeinsam unter einem Dach sein wollten.
Klaus Ritzenhöfer Also bin ich nach New York geflogen und habe Überzeugungsarbeit geleistet. Ich bin von einem zum anderen gegangen und habe sie so lange beredet, bis sie Ja gesagt haben. Das ist symbolisch für vieles in der APROPOSGeschichte: Wenn wir etwas wirklich wollten, haben wir immer sehr entschieden dafür gekämpft.
Daniel Riedo Eröffnet haben wir trotzdem ohne Ware, die nicht mehr rechtzeitig ankam. Die Regale waren leer, aber es fiel nicht einmal auf. Die Kunden dachten, dass wir die Sachen weggeräumt hätten, damit sie nicht geklaut werden.
Daniel Riedo Genau, das ist sowieso immer die beste Strategie.
Henning Korb 2004 haben wir in Köln einen Store auf der anderen Straßenseite eröffnet. Es war der erste ernstzunehmende Concept Store Deutschlands.
Klaus Ritzenhöfer Es gab in diesem Store eine Galerie, ein Spa und ein Restaurant mit einem tollen Koch, der vorher privat für Gloria von Thurn und Taxis gearbeitet hatte. Mode allein war nicht mehr genug. Wir wollten in unser Konzept andere Bereiche einbeziehen, die wir auch privat schätzten. All das sollte ein Einkaufserlebnis schaffen, das für die Kunden und für uns einen neuen Reiz hatte. Ein Vorbild gab es nicht, aber wir sind viel gereist und haben immer frische Ideen mit nach Hause gebracht.
Daniel Riedo Damals kamen viele neue Produktkategorien und Labels auf den Markt, die wir als Erste in Deutschland führten. Vor allem im Beauty-Bereich. Ich würde auch behaupten, dass wir die Luxusduftkerzen nach Deutschland gebracht haben. Es gab kein Internet und kein Instagram, was heißt, dass man den Kunden noch viel leichter Neues präsentieren und sie überraschen konnte. Einmal hörte ich eine Frau sagen: „Das ist ja eine Auswahl wie in New York.“ Das fühlte sich sehr befriedigend an. Klar, manchmal war die Missionarsarbeit mühsam, aber rückblickend vermisst man sie eher.
Klaus Ritzenhöfer Zu dieser Zeit haben wir Stores in Hamburg und München eröffnet. Man könnte sie also „Schritt heraus aus dem Rheinland“ nennen. Wir gingen nach Norden und Süden, und ein wenig später kamen auch noch Gmund und Rottach-Egern am Tegernsee während der Pandemie, sowie Berlin hinzu. In unseren 30ern sind wir wirklich zur eigenständigen Marke herangewachsen.
Klaus Ritzenhöfer Die Zeit ist nicht einfach, und man ist gefordert als Einzelhändler. Von den Kunden, aber auch von den Labels, wobei wir sehr in uns ruhen und vielen Forderungen nicht nachgehen. Wir sind selbst eine starke Marke geworden und lassen uns nicht treiben. Denn wir bieten etwas Besonderes an, was man sonst nirgendwo findet. Darauf vertrauen wir. Unsere Ästhetik muss den Zeitgeist einfangen, keine Frage. Aber unser erstes Anliegen war und ist, dass unsere Produkte das Leben unserer Kunden schöner machen sollen. Deshalb schließen wir uns nicht allem an, was als Trend propagiert wird.
Henning Korb Dafür muss man einen eigenen Look kreieren und diese Ästhetik konsequent verfolgen, anstatt alle zufrieden stellen zu wollen. APROPOS war immer modern, ohne trendy zu sein. Luxus ist kein vergänglicher Trend. Dieser Spruch passt sehr gut zu APROPOS. Wir haben uns auch nie gescheut, Experimente einzugehen und das Sortiment aufzulockern – nicht zuletzt durch Humor und moderate Einstiegspreise.
Klaus Ritzenhöfer Unser Preisaufbau ist demokratisch, sodass alle fündig werden können. Es gibt Streichhölzer für 11 Euro bei uns, aber auch andere Produkte für 11.000 Euro. Die Städte sollen voll sein von APROPOS-Tütchen. Was sich darin befindet, ist eher zweitrangig.
Henning Korb Alles ist im ständigen Wandel. Manche Kunden haben sich im Laufe der Jahre verabschiedet, andere sind neu dazugekommen und wiederum andere sind uns aus Anfangszeiten treu geblieben. Es gibt Familien, die bereits in dritter Generation bei uns shoppen. Sprich: Die Mutter, die Tochter und die Enkelin sind APROPOS-Kundinnen.
Klaus Ritzenhöfer In den 80ern und 90ern sind die Kunden eher dem gefolgt, was ihnen gezeigt wurde. Nun ist das Selbstbewusstsein anders. Wir als Anbieter müssen uns mehr denn je fragen, was von uns erwartet wird. Der Austausch mit den Verkaufsteams, die vor Ort sind, kann gar nicht intensiv genug sein.
Henning Korb Es gibt definitiv eine Rückbesinnung oder Gegenbewegung zur Schnelligkeit unserer Zeit – wie man das nennen will, ist noch offen. Viele Menschen sehnen sich nach einer selektierten, kuratierten Auswahl und einer Haltung, der man sich anschließen kann oder auch nicht. Vor allem aber geht es darum: Wir verkaufen nicht nur Luxusprodukte, sondern auch Luxusmomente. Die Kunden kommen nicht, weil sie eine neue Hose wollen, sondern weil sie sich ein Erlebnis gönnen wollen und den Kontakt suchen. Dieses Gefühl, sich einen schönen Tag zu machen, gibt es nicht beim Online-Shopping.
Daniel Riedo Gerade nach der Pandemie gab es eine Sehnsucht nach diesem Gefühl. Viele Kunden, die lange online geshoppt haben, sind in die Stores zurückgekehrt.
Henning Korb Konsequenz ist der Schlüssel, um gut durch herausfordernde Zeiten zu kommen.
Klaus Ritzenhöfer Und Erfolg die beste Motivation. Im Laufe der Jahre hat man gelernt, wie man Herausforderungen annimmt. Das Gute ist, dass wir uns gegenseitig stützen können.
Henning Korb Daniel ist der Motivator, der alle antreibt und positiv voranstürmt.
Klaus Ritzenhöfer Ich bilde den Gegenpart, das war schon immer so. Ich bin die pragmatische, bedächtige Stimme.
Daniel Riedo Henning, du bist der Sorglose, der Experimente eingehen konnte und uns mit einer neuen Zeit verbunden hat.
Klaus Ritzenhöfer Zeiten wie diese laden nicht dazu ein, viel über Expansion nachzudenken. Andererseits sind wir immer besonders in Krisenzeiten gewachsen. Oft haben uns glückliche Umstände in die Hände gespielt. Wir lassen also gern den Zufall auf uns zukommen, er hat uns bisher gut geführt.
Henning Korb Unsere Rolle als Luxusdestination in der Stadt ist wichtig. Es muss einen Ausgleich zu negativen Gedanken geben. APROPOS ist die Insel, auf die man kommt, um sich zu zerstreuen und eine Pause zu nehmen von dem, was in der Welt passiert. Ob man nun kocht, spazieren geht oder Yoga macht – wir alle brauchen diese Momente, in denen wir uns bewusst etwas Gutes tun und etwas Schönes gönnen.
Klaus Ritzenhöfer Das ist auch unsere erste Botschaft an unsere Mitarbeiter. Dass es jetzt mehr denn je nicht nur um Verkauf, sondern um ein Gefühl des Willkommens und der Herzlichkeit geht.